Maria Meyer im Gespräch mit Diplom-Sozialpädagogin Sandra Bracht (Foto) vom SkF in Münster.Carolin Kronenburg/Caritas im Bistum Münster
Die Inflation frisst sich fest. Viele Menschen haben nicht mehr genug Geld - insbesondere Alleinerziehende. Bei Maria Meyer* und ihrer fast zweijährigen Tochter Elli* kommen am Monatsende oft nur noch Kartoffeln mit Dipp auf den Teller. Dann wird nicht mehr gekauft, worauf die kleine Familie Appetit hat, sondern, was auf Angebotsliste des Discounters steht.
Mit ihren finanziellen Sorgen ist die 26-Jährige nicht alleine: "Wir sind ein großer Haufen, der nicht zurechtkommt", sagt Maria Meyer mit Blick auf die alleinerziehenden Frauen aus ihrer Spielgruppe. Sie seien alle von Armut betroffen. Ab Mitte des Monats müsse die Münsteranerin jeden Euro umdrehen, bevor sie ihn ausgibt. Die 690 Euro Hartz 4 reichten angesichts der Preissteigerungen "hinten und vorne nicht".
Deshalb kauft sie fast alles gebraucht. "Ellis Buggy hat meine Mutter für 15 Euro bei eBay ergattert." Ihre Tochter bekomme alles - "aber bevor ich mir etwas kaufe, denke ich zig Mal darüber nach". Essen und ins Kino gehen, war früher ihre Leidenschaft. "Ich würde mich so gerne einfach mal in ein Café setzen", sagt Maria Meyer und seufzt. Das sei überhaupt nicht mehr drin. Genauso wenig wie Ausflüge. Im Allwetterzoo waren sie zuletzt mit einer Freundin, die Freikarten hatte.
Die Sorge, über die Runden zu kommen, wiegt für die junge Frau schwer. Nachdem ihr Ex-Mann sie massiv bedroht hat und ihr die Tochter wegnehmen wollte, hatte sie acht Monate lang Zuflucht im Frauenhaus des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Münster gefunden. "Dort hat man mir sehr geholfen." Beispielsweise bei der Suche nach einer guten Anwältin für Sorgerecht und einer Wohnung sowie beim Beantragen von Sozialleistungen. Gerne würde sie jetzt eine Ausbildung als Erzieherin machen, allein ein Kita-Platz für Elli fehlt bisher.
"Gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder haben auch ohne die aktuelle Kostenexplosion ein erhöhtes Armutsrisiko", weiß Sandra Bracht vom SkF. "Nach dem Auszug aus dem Frauenhaus stehen viele vor großen finanziellen Hürden", sagt die Diplom-Sozialpädagogin. So müsse beispielsweise die neue Wohnung ausgestattet und oftmals alleine für den Lebensunterhalt gesorgt werden. Vollzeit könnten die Frauen aufgrund der Kinderbetreuung oft nicht arbeiten. "Viele treibt die Sorge um, welche Kosten im Rahmen der Energiekostenerhöhungen noch auf sie zukommen werden", berichtet die Fachbereichsleiterin der Hilfe bei häuslicher Gewalt, Sandra Bracht, aus den Beratungsgesprächen.
Von der Politik fühlt sich Maria Meyer allein gelassen: "Die Politiker wissen gar nicht, was es heißt, mit wenig Geld auskommen zu müssen. Sie sehen die Nöte von uns Alleinerziehenden nicht." Es sei wichtig, dass die Sozialleistungen an die Preissteigerungen angepasst werden. Damit jeder Mensch würdevoll leben könne.
Wann sie zuletzt im Urlaub war? Sieben oder acht Jahre müsse das her sein. "Ich glaube, das klappt nie wieder." Das Urlaubsgeld könne sie niemals ansparen. Geld allein sei aber nicht ausschlaggebend, um glücklich zu sein. Ein bisschen mehr würde das Leben allerdings erleichtern. "Zum Glück hab ich meine Tochter", sagt Maria Meyer und streichelt Elli über die feinen blonden Harre. "Für die Kleine wünsche ich mir, dass sie es einmal besser macht als ich: Dass sie gut lernt, einen guten Schulabschluss macht und keine Geldsorgen hat."
*Namen von der Redaktion geändert
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich - die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto "Not sehen und handeln" sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM - Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 68 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 232 Altenheime und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.
Weitere Informationen über die Beratungs- und Unterstützungsangebote des Sozialdienstes katholischer Frauen in Münster unter: www.skf-muenster.de.
102-2022 (ck) 14. Dezember 2022