Drei Jahre lang sind im Projekt "Gedankensprung" der Caritas in der Diözese Münster Spiele dafür ausprobiert und Mitarbeitende in der Offenen Ganztagsgrundschule (OGS) qualifiziert worden. Das sportwissenschaftliche Institut der Uni Münster als Projektpartner hat die Praxis in einem Seminar für Lehramtsstudierende begleitet. Ihre theoretischen Kenntnisse konnten sie in Praktika erproben. Ablauf und Ergebnis werten Caritas-Projektleiter Bernhard Hülsken und Sportwissenschaftlerin Kathrin Aschebrock als Erfolg. In sieben von acht beteiligten Standorten geht es weiter und die Idee verbreitet sich in weitere OGS.
"Bewegung ist elementar", sagt Kathrin Aschebrock. Sie kommt heute schon im Alltag von Grundschülern häufig zu kurz, angefangen mit dem Elterntaxi zur Schule statt mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Das wirke sich auf die Konzentrationsfähigkeit aus, "die Kinder sind schneller abgelenkt". Wobei in der Schule sowohl gefordert sei, sich auf eine Sache zu konzentrieren, aber auch schnell umzuschalten zwischen den Fächern.
Das lässt sich beispielsweise mit farbigen Bällen trainieren, denen unterschiedliche Aufgaben zugeordnet werden. Einerseits müssen sich die Kinder merken, was sie bei welchem Ball tun müssen und gleichzeitig müssen sie blitzschnell in den jeweiligen Aufgaben umschalten. "Was sie hier in Bewegung lernen, überträgt sich auf das Lernen", sagt Aschebrock. Diese "exekutiven Funktionen" entwickelten sich bis ins junge Erwachsenenalter.
Dass es wirkt, ist spür- und messbar. Schon nach zwölf Wochen zeigten sich positive Effekte in der schulischen Leistung und Langzeitstudien wiesen darauf hin, dass Erwachsene mit gut geübten exekutiven Funktionen höhere Bildungsgrade haben, weniger kriminell werden und gesünder leben, erklärt Kathrin Aschebrock.
Im Projekt "Gedankensprung" sind zur praktischen Umsetzung zum einen die Mitarbeitenden der OGS in mehreren Fortbildungen geschult worden, die durch das mit der Uni Münster verbundene Willibald Gebhard Institut organisiert wurden, berichtet Bernhard Hülsken Zum anderen sind in Masterseminaren rund 60 Studierende auf Praktika vorbereitet worden. Coronabedingt musste die Platzzahl in den vergangenen beiden Jahren reduziert werden, aber der Erfolg war trotzdem eindeutig. Einigen Studierenden hätte die Arbeit mit den Kindern soviel Freude bereitet, dass sie überlegten, nicht in weiterführende Schulen sondern in Grundschulen zu gehen, sagt Aschebrock. Seminar und Praktika sollen auch nach Abschluss des Projekt weiter angeboten werden.
Bernhard Hülsken freut sich, dass auch die OGS-Mitarbeitenden Feuer gefangen hätten, obwohl sie das Projekt nicht zuletzt wegen der Pandemie zusätzliche Kraft und Zeit gekostet habe. Wenn die Übertragung auf weitere Standorte nur zögerlich gelinge, liege das vor allem an der mangelnden Finanzierung und damit Personalausstattung der OGS. Zudem sei es schwierig, Hallenzeiten für die Bewegungseinheiten zu bekommen und mache sich der Mangel bei Übungsleitern bemerkbar. Einige OGS-Mitarbeiterinnen habe das Projekt bewegt, selbst einen Übungsleiterschein zu machen oder einen ruhenden aufzufrischen.
Gedankensprung knüpft an zwei Vorgänger-Projekte im Bereich der OGS an, die Bernhard Hülsken initiiert hat. Mit "Lampenfieber" ist erprobt worden, wie die kreativen, sozialen und sprachlichen Kompetenzen entwickelt werden können. "Trommelwirbel" hat Methoden entwickelt und ebenfalls OGS-Mitarbeitende qualifiziert, um Jungen zu fördern. Gedankensprung ist von der Glücksspirale finanziell unterstützt worden.
Als örtliche Projektpartner waren mit dabei die Caritasverbände Borken, Coesfeld, Lünen-Selm-Werne, Moers-Xanten, Warendorf und Bocholt sowie die Sozialdienste katholischer Frauen Dülmen und Recklinghausen.
019-2022 (hgw) 28. Februar 2022